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Mündliche Verhandlung: Bloßes Risiko für schweren COVID-19-Verlauf rechtfertigt keine Verlegung

Grundsätzlich gelten diese Hinweise unabhängig von der Corona-Pandemie: Wird ein Prozessbeteiligter zu einer mündlichen Verhandlung geladen und erkrankt er, sollte er bei Gericht möglichst frühzeitig einen Terminverlegungsantrag stellen, um seine Rechte umfassend wahren zu können.

Hinweis: Übergeht das Gericht den (begründeten) Antrag und führt die Verhandlung ohne den Erkrankten trotzdem durch, verletzt es den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, so dass die gerichtliche Entscheidung später wegen eines Verfahrensmangels angefochten werden kann.

Wie hoch die Hürden für die Glaubhaftmachung der Terminverlegungsgründe sind, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Antragstellung. Es gilt der Grundsatz, dass die Gründe für eine Terminverlegung nur "auf Verlangen" des Richters glaubhaft gemacht werden müssen. Wird der Terminverlegungsantrag jedoch quasi in letzter Minute gestellt, so dass dem Gericht keine Zeit bleibt, eine Glaubhaftmachung einzufordern, muss der Antragsteller von sich aus alles unternehmen, um seinem Antrag zum Erfolg zu verhelfen. Deshalb muss er entweder direkt ein ärztliches Attest über die Verhandlungsunfähigkeit einreichen oder seine Erkrankung derart genau schildern, dass das Gericht sich selbst ein Bild machen kann. Die bloße Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt in solchen Last-Minute-Fällen in der Regel nicht. Eine ärztliche Bescheinigung über eine bestehende "Reiseunfähigkeit" reicht hingegen aber regelmäßig aus.

In einem neuen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden, dass kein erheblicher Grund für eine Terminverlegung vorliegt, wenn ein Kläger in letzter Minute ein Attest einreicht, nach dem er ein erhöhtes Risiko hat, im Falle einer Corona-Infektion einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln. Der BFH verwies darauf, dass es bei einem solchen Attest an konkreten und überprüfbaren Anhaltspunkten fehlt, die Gefährdung eines Prozessbeteiligten überprüfen zu können.

Darüber hinaus entschied das Gericht, dass eine Verlegung der mündlichen Verhandlung auch nicht deshalb geboten war, weil einem Mitarbeiter einer Steuerberatungsgesellschaft (Prozessvertreter) langanhaltende Corona-Symptome attestiert wurden. Der BFH erklärte, dass die Steuerberatungsgesellschaft für diese Fälle für die Terminwahrnehmung vorsorgen muss. Die Gesellschaft ist angehalten, für einen solchen Fall beispielsweise Unterbevollmächtigte zu bestellen oder den Termin durch andere vertretungsberechtigte Personen wahrnehmen zu lassen.

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(aus: Ausgabe 12/2022)