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Versäumte Klagefrist: Kläger kann vor Gericht verzögerte Postbeförderung glaubhaft machen

Wer mit einer Einspruchsentscheidung seines Finanzamts oder seiner Familienkasse nicht einverstanden ist, kann Klage vor dem Finanzgericht erheben. Die Frist hierfür beträgt einen Monat ab Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Der maßgebliche Bekanntgabezeitpunkt wird von der Abgabenordnung (AO) bei inländischer Postversendung am dritten Tag nach Aufgabe des Schriftstücks zur Post angenommen.

Hinweis: Wird eine Einspruchsentscheidung am 18.11.2019 zur Post aufgegeben, gilt sie also am 21.11.2019 als bekanntgegeben, so dass die Klagefrist erst ab dem 22.11.2019 läuft.

Dass diese sogenannte Bekanntgabefiktion der AO nicht in Stein gemeißelt ist, zeigt ein neuer Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH). Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Vater (scheinbar) verspätet Klage gegen eine Einspruchsentscheidung seiner Familienkasse erhoben.

Den BFH konnte er aber davon überzeugen, dass die Klageerhebung noch rechtzeitig erfolgt war, indem er die zeitverzögerte Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung glaubhaft machte. Die Familienkasse hatte ihre Einspruchsentscheidung über einen privaten Postdienstleister verschickt, der den Brief wiederum an einen Subunternehmer weitergegeben hatte. Für den BFH war aufgrund dieser "Lieferkette" nicht auszuschließen, dass die Post erst verzögert (nach Ablauf der Dreitagesfrist) beim Empfänger angekommen war. Das Gericht akzeptierte daher den vom Kläger angegebenen Bekanntgabetag, so dass die Klageerhebung im Ergebnis noch fristgerecht erfolgt war.

Hinweis: Gilt eine Klagefrist zunächst als versäumt, kann es sich also mitunter lohnen, einen Blick auf die Zustellungsabläufe bei den Postdienstleistern zu werfen. Auf diese Weise kann vor Gericht möglicherweise glaubhaft gemacht werden, dass die Bekanntgabe erst verspätet erfolgt und die Klagefrist somit gewahrt ist.

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(aus: Ausgabe 11/2019)